Dr. Bernhard Huber-Stiftung
Liebe Afrikafreunde,
ich sitze im ICE auf dem Weg vom Frankfurter Flughafen nach Mannheim und schaue gedankenverloren durch das Fenster. Ich staune einmal
mehr über die großen, stabilen Häuser, die an mir vorbeihuschen, sehe große, schachbrettartig ordentlich angeordnete landwirtschaftliche
Felder, sehe so viele teure Autos auf Autobahnen und all die großen stählernen Masten, die zuverlässig Strom in jedes Haus bringen. Und ich
stelle mir all die unsichtbaren unterirdischen Wasser- und Kommunikationsleitungen vor. Welch gigantische Infrastruktur! Was für ein Reichtum!
Noch kurz zuvor war ich in Eswatini an Orten ohne fließendes Wasser, ohne Elektrizität, ohne ausreichend Essen. So gegensätzliche Welten!
Bei meinem jetzigen Aufenthalt begegnete mir täglich extreme Armut, also Lebensverhältnisse ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser,
medizinischer Versorgung, ausreichender Ernährung. Viele Arme ernähren sich fast ausschließlich von Maismehl, besitzen kaum Kleidung und
schlafen in baufälligen Hütten. So auch das Ehepaar Ndwandwe, von dem ich schon zuletzt berichtet hatte. Die Frau ist inzwischen verstorben,
der alte Mann lebt jetzt alleine. Wie versprochen bauen wir ihm ein stabiles Ein-Raum-Haus aus Stein. Im nahegelegenen Siteki besorgten wir
entsprechende Baumaterialen, darunter 50 Zementsäcke. Maziya, unser Maurer, wird in den kommenden Wochen das Haus errichten.
Nicht weit entfernt traf ich auf ein weiteres trauriges
Beispiel bitterer Armut. Dort leben zwei Frauen mit
sieben Kleinkindern unter erbärmlichen Bedingungen. Die
Kinder litten unter vitaminmangel-bedingten
Hauterkrankungen, gingen alle barfuß und besaßen
nahezu keine Kleidung. Mit Ngeti, die aus Siteki stammt
und mit mir unterwegs war, verteilte ich mitgebrachte
Kleidungsstücke und kaufte Lebensmittel. Wenn ich die
Kinder in dieser Gegend sehe, wird mir bewusst, wie gut
es die Kinder in unserem Waisenkinderdorf haben. Sie und
die Mütter sind alle wohlauf und gut versorgt.
Doch wie immer im Februar (da beginnt das neue
Schuljahr) lag der Schwerpunkt beim Bezahlen von Schul-
geld und Studiengebühren. Es ist eine Binsenweisheit –
ohne Bildung hat man in unserer modernen Welt kaum
eine Chance. Und doch können viele Kinder in Swaziland
nicht zur Schule gehen. Warum? Die Grundschule kostet in
den ersten sieben Jahren zwar noch keine Schulgebühren.
Aber die teuren Schuluniformen, -schuhe, -hefte etc.
müssen jedes Jahr aufs Neue selbst besorgt werden – für
arme Familien schlicht nicht bezahlbar. Für
weiterführende Schulen werden dann hohe Gebühren
fällig, für das erste High-School-Jahr beispielweise 6.000
Emalangeni – unerschwinglich für viele Familien. So auch
für einen Nachtwächter, den ich unterwegs ein Stück mit
dem Auto mitnahm. Er erzählte mir von seinen nur 15
Tagen Jahresurlaub und einem spärlichen
Monatseinkommen von gerade einmal 2.500 Emalangeni.
So kostet ihn der Highschool-Besuch seines ältesten
Kindes mehr als zwei Monatsgehälter.
Studieren ist dann noch viel teurer, je nach Studiengang
jährlich 10.0000 - 30.0000 Emalengeni. Vergleicht man
das mit den Verhältnissen in Deutschland und anderswo,
ist das so ungerecht! Auch die Kinder in Eswatini wollen
lernen und etwas aus ihrem Leben machen, und es wird
ihnen schlicht verwehrt.
Die Lebensmittelpreise sind ein weiteres ungelöstes Dauerproblem. Viele Kinder leben bei Großmüttern. Deren staatlicher Grundrente (500
eswatinische Emalangeni) reicht kaum für den Bedarf an Lebensmitteln, geschweige denn, darüber hinaus. Die Preise für Grundnahrungsmittel
steigen unaufhörlich: 10 kg Maismehl kosten 120 Emalangeni, 10 kg Reis 130 Emalangeni , 5 kg Bohnen 400 Emalangeni.
Was haben wir dieses Mal bei den „Big 7“ erreicht?
1. Bildung: Für 46 Schüler/-innen zahlten wir die Highschoolgebühren, und für 18 Studierende die Studiengebühren. Wir besorgten
Schuluniformen, -schuhe und -hefte sowie für eine Studentin einen Laptop.
2. Landwirtschaft: Wir besorgten einige Gartengeräte.
3. Infrastruktur: Für eine arme Familie übernahmen wir die Stromrechnung. Für den Hausbau bei Herrn Ndwandwe kauften wir das Baumaterial.
4. Gesundheit: Für eine Patientin zahlten wir Zahnarztkosten. Viele kranke Menschen habe ich behandelt und mit Medikamenten versorgt,
darunter auch einige „Dauerpatienten“.
5. Frauenprojekte: Frauen mit Kindern brachte ich Kleidung, Essen und Hygieneartikel.
6. Small businesses: Für Sipho kauften wir Gemüse und Obst für ihren Marktstand.
7. Needy people: Für sehr viele Menschen in ländlichen Gegenden besorgten wir Grundnahrungsmittel: Reis, Maismehl, Mabele Meal, Bohnen
und Sonnenblumenöl.
Zum Schluss noch ein persönliches Wort. Viele von euch raten mir immer mal wieder zu einem Erholungsurlaub abseits von Eswatini, da ihr
wisst, dass ich seit vielen Jahren meinen gesamten Jahresurlaub in meine dortigen Projekte investiere. Ich weiß, es ist ein gutgemeinter Rat.
Doch ich trage die Bilder und das Schicksal der Menschen in Eswatini in meinem Herzen und es gibt noch so vieles, was getan werden muss.
Vielen Dank euch allen für eure Unterstützung, den Menschen in Eswatini zu helfen. Es ist zu spät, um nur zu hoffen. Lasst uns weiter handeln!
Herzliche Grüße
Bericht Februar 2025