Dr. Bernhard Huber-Stiftung
Liebe Afrikafreunde,
gerade bin ich wieder aus Afrika zurück. Einmal mehr ist mein Herz voller Geschichten – die meisten von ihnen bleiben unerzählt, gibt es doch
diese vielen kurzen Begegnungen, oft bedeutender, als es zunächst scheint. Die Glücksforschung sagt uns ja, dass es im Leben drauf ankommt,
gute Beziehungen zu haben. Als soziale Wesen sind wir aufeinander angewiesen – wir können gar nicht anders. Wenn diese menschliche
Notwendigkeit unterbunden wird, tut uns das gar nicht gut, wie man z. B. bis heute an den negativen Auswirkungen im Rahmen der social
distance bei den Corona-Maßnahmen sieht. In den TV-Expertengesprächen kamen damals fast nur Epidemiologen und Virologen zu Wort. Wo
waren die Sozialarbeiterinnen, Psychologen, Kinderärzte und Allgemeinmediziner? Gerade sie hätten eine ganzheitlichere Sicht auf das
Geschehen und den gesunden Menschenverstand mit eingebracht, was in einer solchen Angst besetzten Situation sehr wichtig gewesen wäre.
Das seit Jahrmillionen genetisch verankerte soziale Miteinander ist hier in Afrika besonders stark zu spüren, wo die Menschen ausgesprochen
gastfreundlich und gerade gegenüber Fremden sehr offen sind. Ich selbst habe hier noch nie irgendwelche Ressentiments erlebt. Umgekehrt
frage ich mich, ob eine Afrikanerin oder ein Afrikaner in Deutschland „safe“ ist.
Wenn es für meine jetzige Reise ein Motto gäbe, dann: „Umuntfu ngumuntfu ngebantfu.“, das bedeutet „I am because you are“, also „Ich bin,
weil es dich gibt.“ Wunderschön, wie ich finde. Es ist eine Lebensweise, wie sie im südlichen Afrika gepflegt wird, man nennt sie Ubuntu und
sie unterstreicht die Wichtigkeit von Wertschätzung, Respekt und Hilfsbereitschaft. Es macht uns auch klar, dass es niemand von uns alleine
„schaffen kann“, wie es in unserer leistungsorientierten Gesellschaft zuweilen vermittelt wird. Wir brauchen einander, was uns oft erst dann
bewusst wird, wenn wir krank oder alt sind. Ubuntu beinhaltet Demut und Dankbarkeit statt Stolz, Arroganz und Überheblichkeit. Leider haben
viele Technokraten noch nicht verstanden, dass gerade die wichtigsten menschlichen Bedürfnisse wie Zuwendung, Berührung, Empathie nicht
mit Algorithmen lösbar sind. Man denke an Pflegeroboter, die man allen Ernstes verstärkt in Pflegeheimen einführen möchte. Doch die
Befürworter und die Menschen, die diese Maschinen konstruieren und programmieren, finden sich selbst eines Tages genau in diesen
Altenheimen wieder…
Trotz vieler anderer Probleme hier in Afrika ist dieser „Geist“ von Nachbarschaftshilfe und gegenseitiger Unterstützung deutlich zu spüren.
„Umuntfu ngumuntfu ngebantfu.“, ich weiß jetzt, warum die Menschen hier so viel Lebensfreude haben: Sie fühlen sich als Menschen sehr
verbunden und in einem unsichtbaren sozialen Netz fest eingebunden. Technik und Geld kann dieses nie wettmachen, Glück unterliegt eben
anderen Kriterien. Nicht nur in dieser Hinsicht können wir Europäer vieles von den Menschen in Afrika lernen.
Was haben wir dieses Mal bei den „Big 7“ erreicht?
1. Bildung
Für zwei Kindergartenkinder und drei Grundschüler
übernahmen wir die Schulgebühren. Für mehrere
Studierende bezahlten wir Semestergebühren, Laptops
und Mobiltelefone, Zimmer- und Verpflegungskosten.
2. Landwirtschaft
Wir besorgten wieder einige Setzlinge.
3. Infrastruktur
Wichtigstes Projekt war die Reparatur eines Brunnens,
den wir letztes Jahr gebohrt hatten. Er war 40 m tief
und musste jetzt wegen abgesunkenem Grundwasser auf
90 m erweitert werden, was auch eine stärkere
Handpumpe erforderlich machte. Nun können die
Nachbarn wieder Landwirtschaft betreiben. In unserem
Kinderdorf wurden einige Reparaturen durchgeführt, und
für eine bedürftige Familie besorgten wir diverse
Haushaltsgegenstände.
4. Gesundheit
Für ein Baby mit Krampfanfall zahlten wir die
Krankenhauskosten und für eine Patientin mit
Trommelfellruptur die ambulanten Kosten in einer
Privatklinik mit dem einzigen HNO-Arzt weit und breit.
Für einen dreijährigen sprachbehinderten Jungen
übernahmen wir Logopädiekosten. Außerdem habe ich
im Dorf viele Patienten behandelt und mit notwendigen
Medikamenten versorgt. Noch unmittelbar vor meinem
Rückflug brachte mir eine Mutter ihren zehn Monate
alten Jungen mit neurologischen Problemen. Aufgrund
einer Muskelschwäche kann er seinen Kopf nicht halten,
und an seinen Beinen erkennt man eine beginnende
Spastik. Bei meinem nächsten Besuch werde ich sehen,
ob wir hier diagnostisch weiterkommen.
5. Frauenprojekte
Wir übernahmen Mietkosten und Lebensmittel für allein
erziehende Mütter. Eine Frau erhielt Material, damit sie ihr kleines Häuschen weiterbauen kann, einer anderen besorgten wir ein Bett, Stühle
und Decken.
6. Small businesses
Eric, der ein kleines Recyclingunternehmen gegründet hat, wurde von uns finanziell unterstützt. Thakona, deren Fashion & Design-Studium wir
finanzieren, erhielt neue Stoffe und Nähutensilien.
7. Needy people
14 Großmütter und die bei ihnen wohnenden Enkelkinder versorgten wir mit Lebensmitteln, ebenso eine Frau mit neun (!) Kindern, die in
großer Armut leben.
Vielen Dank euch allen für eure unablässige Unterstützung, den Menschen in Eswatini zu helfen. Es gibt noch so vieles zu tun. Es ist zu spät, um
nur zu hoffen. Lasst uns weiter handeln!
Herzliche Grüße
Bericht April 2024