Dr. Bernhard Huber-Stiftung
Bericht August 2023
Liebe Afrikafreunde!
Zurück aus Swaziland habe ich wie so oft jenes widersprüchliche Gefühl, dass die Zeit einerseits regelrecht verflogen ist, es mir aber gleichzeitig so
vorkommt, als wäre ich sehr viel länger dort gewesen. So viele neue Eindrücke und wertvolle Begegnungen habe ich erleben dürfen!
Das wichtigste Projekt war dieses Mal die große Lebensmittelausgabe. Wir haben an über hundert Haushalte (und damit rund 1.000 Menschen)
Lebensmittel verteilt: Je 10 kg Maismehl, 10 kg Reis, 5 kg Mabele Meal (Maismehl zum Anrühren in Wasser, was die Kinder sehr mögen), 5 kg
Bohnen, 2 Liter Kochöl und Seife (zum Waschen der Hände und Kleidung). Weitere Lebensmittel lieferten wir bedürftigen Menschen, die weiter weg
wohnen.
Wegen der stark gestiegenen Lebensmittelpreise sind viele Familien in große Not geraten. So wurde in einem Zeitungsartikel von zwei Buben
berichtet, die mit ihrem Vater in einem notdürftigen „Verschlag mit Zeltplanen“ hausen und auf der verzweifelten Suche nach Essbarem täglich 10
km umherwandern. Allerdings leben sie weit im Norden,
sodass ich aus Zeitgründen hier leider nichts tun konnte.
Dafür konnten wir einer verzweifelten Frau namens Ncobile
helfen, die mit ihrem 10-jährigem Sohn in einem kleinen
Zimmer lebt und die meiste Zeit im Bett verbringen muss.
Auch hier rief ein Pressebericht zu Spenden auf, und wir
waren tatsächlich die ersten, die ihr Lebensmittel brachten.
Ncobile erzählte uns, dass sie vor vielen Jahren Tuberkulose
an der Wirbelsäule hatte. Trotz Behandlung war eine
Schwäche der linken Körperhälfte zurück geblieben, weshalb
sie auch auf Krücken angewiesen war. Vor vier Wochen brach
einer der Handgriffe an den Krücken ab, sie stürzte und
brach sich den Knöchel. Seither lag sie mit einem
Gipsverband im Bett. Eine Tuberkulose der Wirbelsäule, also
eine extrapulmonale Manifestation einer Tuberkulose, kommt
in Afrika häufiger vor. Während meiner Zeit als Arzt im
Krankenhaus in Hlatikulu hatte ich das regelmäßig gesehen.
Damals hatten wir aber zumindest noch einige Medikamente
im Krankenhaus. Jetzt erfuhr ich, dass es im größten
staatlichen Krankenhaus des Landes nur noch Schmerzmittel
(Paracetamol) gibt! Wer andere Medikamente, z. B.
Antibiotika braucht, muss sich dies mit einem Rezept auf
eigene Faust in einer Apotheke besorgen und ins Krankenhaus
bringen, wo es die Ärzte verabreichen – unglaublich.
In unserem Waisenkinderdorf hingegen sind Mütter und Kinder
alle wohlauf. Besonders gefreut habe ich mich über die
hervorragenden Zeugnisse unserer zwei kleinen Jungs
Mfanafuthi und Zamokuhle, die erst vor einem halben Jahr
aus katastrophalen Lebensumständen in unser Dorf
gekommen waren. In allen Schulfächern bescheinigten ihnen
die Lehrer nun „very good“ oder „excellent“. Auch emotional
wirken die beiden viel ausgeglichener als noch zu Beginn.
Leider erreichten mich aber auch traurige Nachrichten: Nthando, die behinderte junge Frau, die ich vor Jahren in einem menschenunwürdigen
käfig-ähnlichen Verschlag vorgefunden und die wir seither mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln unterstützt hatten, ist jetzt im Krankenhaus
verstorben. Da sie mit ihrer Mutter mittlerweile weit weggezogen war, hatte ich sie schon längere Zeit nicht mehr getroffen. Nun bleibt uns nur
noch, ihre Krankenhaus- und Beerdigungskosten zu übernehmen.
Was haben wir dieses Mal bei den „Big 7“ erreicht?
1. Bildung: Für vier Kindergartenkinder (Preschool) und einem Grundschüler (Primary School) bezahlten wir die Schulgebühren, außerdem für einige
Studenten die Semestergebühren sowie benötigte Laptops für ihr Studium. Besonders freut es mich, dass Sakhile und die körperlich behinderte
Khumbuzile, die beide an derselben Uni studieren, sich gegenseitig sehr unterstützen. Auf meine Bemerkung, dass sie wohl gute Freudinnen
geworden seien, erwiderten sie lachend: „Nein, Doktor, wir sind jetzt sogar wie Schwestern!“ Khumbuzile hat nun auch einen faltbaren Elektro-
Rollstuhl. Mit diesem konnte sie an einem von mir organisierten Studententreffen teilnehmen.
2. Landwirtschaft: Wir besorgten wieder viele Setzlinge zur Selbstversorgung und einen Orangenbaum.
3. Infrastruktur: Für eine arme Familie übernahmen wir die Wasserrechnung.
4. Gesundheit: Für zwei Patientinnen bezahlten wir die Krankenhauskosten. Viele mitgebrachte Medikamente verteilte ich an unsere chronisch
kranken Patienten. Weitere Arzneimittel verabreichte ich bei der ärztlichen Sprechstunde für Patienten aus dem Umland unseres Kinderdorfes.
Dabei unterstützte mich Neliswa, die eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert. Obwohl sie gerade von einer anstrengenden Nachtschicht
kam und noch eine weitere vor sich hatte, ließ sie es sich nehmen, mir zu helfen.
5. Frauenprojekte: Wir kauften Lebensmittel sowie Haushaltsgegenstände für allein erziehende Mütter.
6. Förderung von Kleinselbstständigkeit: Erneut besorgten wir Gemüse für den Gemüsestand von Siphiwe. Für Takhona kauften wir Nähutensilien
und Textilstoffe.
7. Hilfe für Bedürftige: Bei der großen Lebensmittelaktion im Dorf versorgten wir 105 Haushalte. Außerdem besorgten wir Lebensmittel für
Menschen an entlegenen Orten und verteilten Kleider und Schuhe.
Vielen Dank euch allen für eure Unterstützung, den Menschen in Eswatini zu helfen. Es gibt noch so vieles zu tun. Es ist zu spät, um nur zu hoffen.
Lasst uns weiter handeln!