Dr. Bernhard Huber-Stiftung
Bericht Mai 2022
Liebe Afrikafreunde,
gerade bin ich aus Swaziland am OR Tambo International Airport in Johannesburg angekommen. In einigen Stunden geht es weiter nach
Frankfurt. Die zurückliegenden zwei Wochen gehen mir nochmals durch den Kopf. Einmal mehr ist die Zeit in Swaziland regelrecht verflogen.
Ich habe wieder so viel erlebt.
Da war die Frau, die am Straßenrand saß und um Geld für Essen bat: „Lamibile“ – Hunger. Beim Näherkommen erkannte ich zwei offene Wunden
an ihren Unterschenkeln. Sie erzählte mir, dass sie Diabetes hat und die Wunden im Krankenhaus behandelt worden seien. Bei der Entlassung riet
man ihr, sie solle die Wunden einfach offen lassen – das würde schon abheilen. Unglaublich – nicht zuletzt angesichts der zahllosen Fliegen, die
immer wieder auf die Wunde flogen. Ich versorgte ihre Wunden und kaufte ihr Lebensmittel. Aus Dankbarkeit begann sie laut zu beten – das war
sehr berührend.
Da war der Mann, den ich nach seinem Schlaganfall zu Hause besuchte. Zusätzlich war sein Bluthochdruck entgleist, weil im Krankenhaus die
notwendigen Medikamente ausgegangen waren. Jetzt war seine linke Körperseite vollständig gelähmt. Mangels Physiotherapie waren Schulter-
und Ellbogengelenk bereits etwas steif geworden. Nun fehlt der Familie das Einkommen (der Mann war Schweißer) und lebt in Armut.
Da war die Frau, die mit einem Spitzfuß geboren wurde.
Richtige Krücken hatte sie nie bekommen, so war sie stets
mit einem selbst geschnitzten, provisorischen „Stöckchen“
unterwegs. So lief sie aber dauernd auf dem Vorfußballen,
was die Zehen richtiggehend auseinandergedrückt hat.
Da war die Frau, die uns im Kinderdorf besuchte und deren
Geschichte so typisch ist. Sie bat um Hilfe beim Bezahlen
der Schulgebühren ihrer zwei Kinder. Ihr Mann arbeitet als
Schuhputzer am Straßenrand, sie selbst verdient kein Geld.
Die Kinder haben bisher die kostenfreie Grundschule
durchlaufen. Für den Schulabschluss sind jetzt aber noch
fünf kostenpflichtige Jahre auf der weiterführenden Schule
notwendig – die sich viele Familien schlicht nicht leisten
können. Doch ohne diesen Abschluss ist weder eine
Berufsausbildung noch ein Studium möglich.
Inzwischen ist es hier in Johannesburg Abend geworden. Es
ist Winteranfang auf der Südhalbkugel, und es wird schon
früh dunkel. Ich schaue aufs Rollfeld hinaus – Flugzeuge
kommen und gehen. Wieder gehen meine Gedanken zurück
nach Swaziland.
Da waren einerseits die Zeitungsfotos maroder
Krankenhäuser mit undichtem Dach, andererseits staatliche
Luxusausgaben wie der vierspurig ausgebaute Highway-
Zubringer für den kaum frequentierten Prestige-Flughafen.
Da war der 14-jährige Junge. Plötzlich stand er neben mir,
zupfte mich am Ärmel und deutete auf seinen rechten
Unterarm, auf den er am Vortag gestürzt war. Ich erschrak,
denn sein Handgelenk war geschwollen und zeigte eine
deutliche Fehlstellung – es war gebrochen. Ich nahm ihn
kurzerhand mit ins Krankenhaus, wo die Röntgenaufnahme
eine komplette Unterarmfraktur bestätigte. Nun konnte ich dem Jungen einen Gipsverband anlegen.
Jetzt ist muss aufbrechen zum Gate, es ist Zeit für den Weiterflug nach Frankfurt…
Was haben wir dieses Mal bei den „Big 7“ (Bildung, Landwirtschaft, Infrastruktur, Gesundheit, Frauenprojekte, Small businesses, Needy people)
erreicht?
1. Bildung:
Wir bezahlen derzeit 65 Schüler/-innen das Schulgeld für die weiterführende Schule. Einer jungen Frau finanzieren wir die Berufsausbildung als
Elektrikerin. Für die Kindergartenkinder bezahlten wir die Preschool-Gebühren, den Studierenden die Studiengebühren. Außerdem besorgte ich
Schulbücher und -kleidung. Übrigens sind die Schulgebühren dieses Jahr deutlich gestiegen. Diese müssen bar auf der Bank einbezahlt werden,
was aufgrund unterschiedlicher Bankinstitute und langer Warteschlangen vor den Schaltern immer enorm viel Zeit kostet.
2. Landwirtschaft:
Für den Gemüsegarten im Dorf als auch für andere Familien besorgte ich viele Setzlinge und Gartengeräte. Gerade angesichts stark gestiegener
Lebensmittelpreise wird der eigene Lebensmittelanbau immer wichtiger.
3. Infrastruktur:
Im Kinderdorf sind alle Kinder und Mütter wohlauf. Unser behindertes Kind Bayandza hat uns alle überrascht, da er in seiner Förderschule eine
Medaille beim Tanzwettbewerb gewonnen hat. Ich habe einige Videos von ihm aufgenommen, die jetzt einem Sänger in Swaziland präsentiert
werden. Wer weiß, vielleicht wird Bayandza ja als Tänzer „angeheuert“? Im Waisenkinderdorf waren dieses Mal nur kleinere Reparaturen fällig,
die von einem Installateur schnell erledigt wurden. Ich habe auch wieder Spielsachen für die Kinder gekauft.
4. Gesundheit:
Erneut habe ich viele Menschen medizinisch behandelt, die Krankenhauskosten für einen kleinen Jungen übernommen und viele, viele
Medikamente direkt verteilt. Für ein Neugeborenes, das im Krankenhaus verstorben war, haben wir einen Sarg bezahlt und die Beerdigungskosten
übernommen.
5. Frauenprojekte:
Auch die Hilfe für allein erziehende Frauen, die von uns regelmäßige finanzielle Unterstützung für Lebensmittel und Miete erhalten, haben wir
nochmals ausgebaut.
6. Small businesses:
Erneut erhielt eine Frau das Startkapital für einen Gemüseverkaufsstand.
7. Needy people:
Die Versorgung vieler bedürftiger Menschen haben wir weiter aufgestockt, da sowohl die Schulgebühren und die Lebensmittel deutlich teurer
wurden und immer mehr Menschen in Not geraten. So habe ich dieses Mal besonders viele Lebensmittel für Arme eingekauft und direkt bei den
Menschen abgegeben.
Vielen Dank euch allen für eure Unterstützung, den Menschen in Swaziland zu helfen.
Herzliche Grüße,