Dr. Bernhard Huber-Stiftung
Bericht Juni 2016
Liebe Afrikafreunde,
„The body is here, but the mind is still in Swaziland“. Das sagte
ich gerade zu Judith – eine unserer Mütter im Waisenkinderdorf –
am Telefon. Der Körper ist hier, aber die Gedanken sind noch in
Swaziland. Tags zuvor noch hatte ich dort bewegende Geschichten
gehört. Da ist die alte Frau, deren „Ein-Zimmer-Haus“ vom Sturm
zerstört wurde. Jetzt wohnt sie in einer kleinen Wellblechhütte
gleich neben der Ruine. Da ist Nokhupila, die mit ihrer Großmutter
und ihrer achtjährigen Nichte in einer kleinen Wohnung wohnt. Sie
muss sich um die Großmutter kümmern, kochen, putzen und
waschen bevor sie in die Schule geht. Wir haben schon früher von
ihr berichtet. Beim jetzigen Besuch konnte ich wieder unmittelbar
erleben, wie mühsam und beschwerlich ihr Leben doch ist. Da ist
in unserer Nachbarschaft Sibongile, die mit ihren fünf Kindern in
einem kleinen Ein-Zimmer-Haus lebt. Das Haus ist mittlerweile so
baufällig, dass es jederzeit einstürzen kann.
Ich habe Bauern getroffen, die verzweifelt versuchen, irgendwie
ihre Familien durchzubringen. Durch den ausbleibenden Regen
schaffen sie es einfach nicht mehr, ihre Familien zu ernähren. Die
Kleinbauern im südlichen Afrika leiden besonders unter der
Klimaerwärmung. Jetzt, wo durch die Dürre die Ernte ausbleibt,
haben sie nichts zu essen und müssen die Lebensmittel kaufen.
Doch wie sollen sie Essen kaufen, wo sie als eigenständige
Kleinbauern kein Einkommen haben? Die Regierung tut zu wenig,
höre ich immer wieder. Essensausgaben erreichen viele der
Menschen nicht. Ich bin daher sehr glücklich, dass es uns jetzt
gelungen ist, einen Brunnen für die Gemeinde zu bohren – das
„Highlight“ und Hauptprojekt der jetzigen Reise. Die Menschen
sind sehr dankbar für das Wasser. Bei der feierlichen Eröffnung des
Brunnens, der bis in 101 m Tiefe reicht, waren auch das Swazi-
Fernsehen und ein Parlamentsabgeordneter dabei.
Dieses Mal war ich viel außerhalb unseres Waisenkinderdorfes
beschäftigt. Das liegt vor allem daran, dass es in unserem Dorf
sehr gut läuft, die Mütter und Kinder sind alle gesund und lernen
ordentlich in der Schule. Demnächst werden wir noch ein
sechsjähriges Mädchen im Dorf aufnehmen, dessen Mutter gelähmt
ist und es nicht mehr versorgen kann.
Was haben wir dieses Mal bei den „Big 5“ (Bildung, Landwirtschaft,
Infrastruktur, Gesundheit, Frauenprojekte) erreicht?
1. Bildung:
Ich habe wieder die Schulen besucht und Gespräche mit den Lehrern geführt. Wir haben für weitere Kinder das Schulgeld übernommen, so dass wir
mittlerweile für 37 Kinder an zehn verschiedenen Schulen das Schulgeld bezahlen. Für Gerald, einem unserer früheren Schüler, der die Schule
erfolgreich abgeschlossen hat, ermöglichen wir eine Ausbildung zum Lehrer. Auch für zwei weitere Schulabgänger bezahlen wir die
Berufsausbildungskosten.
2. Landwirtschaft:
Unsere Papayabäume und die Bananen gedeihen ausgezeichnet. Erneut wurden Gemüsesetzlinge gepflanzt (Spinat, Salat, Rote Beete, Paprika,
Zwiebel und Tomaten). Ein gelernter Agrarwirt kam auf mich zu, da er von unserem Waisenkinderdorf gehört hatte. Er zeigte den Kindern
unentgeltlich, wie man mit den Setzlingen richtig umgeht. Nützliche Tipps gab er auch hinsichtlich der biologischen Schädlingsbekämpfung. Unsere
Nachbarn haben wir ebenfalls wieder mit Setzlingen versorgt.
3. Infrastruktur:
Für die Gemeinde wurde ein Brunnen gebohrt. Er wird 300 Menschen aus der Umgebung mit frischem Wasser versorgen. Außerdem wurden unsere
Wassertanks im Waisenkinderdorf aufgefüllt. Auch für zwei unserer Nachbarn bezahlten wir die Tankfüllungen. Eine neue Gasflasche zum Kochen
wurde besorgt, ebenso Lebensmittel für unser Waisenkinderdorf für einen ganzen Monat. An manchen Fenstergriffen waren Schweißerarbeiten
notwendig und einige Schränke wurden vom Zimmermann repariert. Die neue Brunnenüberdachung sowie die Mauer für den Erosionsschutz in
unserem Dorf sind jetzt fertig gestellt. Einer Nachbarsfrau reparierten wir ihr zerbrochenes Fenster und besorgten Material, um den Pilzbefall an
ihren Wänden zu entfernen. Für meinen nächsten Besuch ist geplant, für Sibongile und ihre fünf Kinder ein neues Ein-Zimmer-Haus zu bauen.
4. Gesundheit:
Gesundheitlich geht es den Kindern und Müttern nach wie vor sehr gut. Außerhalb behandelte ich wieder viele Patienten und machte Hausbesuche.
Für Kranke wurden Medikamente gekauft. Einer sehr weit entfernt wohnenden Patientin besorgte ich ein Blutdruckgerät zur Selbstkontrolle sowie
blutdrucksenkende Medikamente. Ich rufe von hier aus immer mal an und lasse mir die Blutdruckwerte durchgeben, um ggf. die Dosis anzupassen.
Medizinische Behandlung über 10.000 km Entfernung – manchmal geht auch das.
5. Frauenprojekte:
Der von uns im März diesen Jahres gewährter zinslose Mikrokredit für eine Frau, die den Aufbau einer Existenz plante, wurde bereits an uns
zurückbezahlt. Wieder haben wir zahlreiche Essenspakete – bestehend aus Maismehl, Reis, Bohnen und Öl – zusammengestellt und direkt an allein
erziehende Mütter und Großmütter verteilt, ebenso Schuhe und Kleidung.
Bei allen, die mich immer wieder durch ihre Spenden unterstützen, möchte ich mich herzlich bedanken. Ebenso herzlichen Dank meinem Team hier
in Deutschland wie in Swaziland.
Heute möchte ich mit einem Zitat von Konfuzius enden:
„Zufriedenheit bringt auch in der Armut Glück. Unzufriedenheit ist Armut, auch im Glück.“
In wenigen Monaten werde ich wieder in Swaziland sein.
Herzliche Grüße