Liebe Afrikafreunde, nach meiner Rückkehr aus Afrika im Juni gibt es wieder so Vieles zu erzählen. Wo fange ich an? Dadurch, dass ich dort nahe bei den Menschen bin, sind die Eindrücke und Erlebnisse sehr emotional. Manchmal frage ich mich: Was, wenn ich als kleiner Junge in Afrika geboren worden wäre? Was wäre wohl aus mir geworden? Diese Gedanken hatte ich jetzt wieder, als ich Precious sah – ein vier Wochen altes Baby. Die Mutter ist alleinerziehend, ihr Mann hatte sie während der Schwangerschaft verlassen. Eine von vielen traurigen Geschichten, wie man ihnen in Swaziland oft begegnet. Die Menschen haben es so schwer in Afrika. Im Gegensatz zu unserer „Spaßgesellschaft“ ist man dort einem ständigen Überlebenskampf ausgesetzt – jeden Tag aufs Neue. Weder gegen Krankheit noch gegen Unfälle abgesichert schaffen es die Menschen dennoch, eine gewisse Gelassenheit und Freude auszustrahlen.Den Müttern und Kindern in unserem Dorf geht es sehr gut. Die Mütter machen eine bewundernswerte Arbeit, sie stehen schon um 4.30 Uhr auf und beginnen mit ihrer Arbeit. Ich habe einige Nächte im Kinderdorf übernachtet und habe so den Alltag noch viel intensiver nachvollziehen können. Nach einem Frühstück aus „soft porridge“ – das ist ein Maisbrei, wie ihn viele Menschen in Swaziland gerne essen – machen sich die Kinder auf den Weg zur 5 km entfernten Schule. Nach ihrer Rückkehr gibt es eine große warme Mahlzeit, und auch am Abend gibt es noch einmal Essen. Nach internationalem Konsens sollte Entwicklungshilfe fünf große Bereiche umfassen, die auch wir in unseren Projekten berücksichtigen. Ich nenne sie die „Big 5“:1.) Bildung 2.) Landwirtschaft3.) Infrastruktur4.) Gesundheit5.) Frauenprojekte Bildung:Ich habe wieder die Schulen besucht, in die unsere Kinder gehen und mit den Lehrerinnen und Lehrern gesprochen, außerdem war ich im Kindergarten. Alle Kinder in unserem Dorf können dank der neu installierten, stärkeren Solaranlage abends länger lernen. Das ist vor allem in der jetzigen Jahreszeit wichtig – auf der Südhalbkugel ist es Winter, ab 18 Uhr wird es dunkel. Unsere Kinder haben mir erzählt, welche Berufe sie später einmal ergreifen wollen. Fünf der Kinder wollen Arzt werden, was mich natürlich besonders gefreut hat. Für zwei zusätzliche Schüler, die nicht in unserem Dorf wohnen, haben wir die Schulgebühren übernommen.Landwirtschaft:In unserem Gemüsegarten ist jetzt gerade Spinatsaison. Die Bananen tragen schon erste Früchte, und teilweise sieht man das auch bei den Papayas. Durch unseren kürzlich gebohrten Brunnen hat sich das Gießen der Pflanzen erheblich erleichtert. Gerade jetzt, in der trockenen Jahreszeit ist der Brunnen enorm wichtig. Infrastruktur: Unsere Solaranlage wurde noch einmal überprüft, sie arbeitet jetzt tadellos. Auch der Brunnen funktioniert einwandfrei. Letzten Februar hatte ich eine Wasserprobe mit nach Deutschland zurückgebracht und in einem Labor prüfen lassen. Unserem Brunnenwasser wurde eine hervorragende Wasserqualität bescheinigt! Der „septic tank“ – die Fallgrube – musste jetzt nach zwei Jahren mittels Spezialfahrzeug geleert werden. Gesundheit:Gesundheitlich geht es den Kindern sehr gut. Meine ärztliche Tätigkeit war daher mehr auf Patienten der näheren Umgebung ausgerichtet. Da war die zweijährige Kuhle, die eine Hautverbrennung des Vorfußes hatte. Ihre ältere Schwester hatte versehentlich einen Topf mit heißem Wasser, der über dem offenen Feuer stand, umgekippt. Ich fand die Wunde offen und ohne jegliche Abdeckung. Ich versorgte die Wunde und besorgte eine spezielle Salbe sowie Wundverbände. Erfreulicherweise verlief die Wundheilung während meines Aufenthaltes sehr gut. Da ist Nkhosiniphile, ein junger Mann. Aufgrund von Nebenwirkungen einer Tuberkulosetherapie ist er nahezu taub und daher sozial nahezu isoliert ist. So hat er kaum Aussicht auf Arbeit. Möglicherweise könnte ihm ein Hörgerät helfen – so veranlasste ich eine Untersuchung beim HNO-Arzt. Bei meinem nächsten Besuch werde ich sehen, wie der Fall weiter verläuft. Ich habe noch viele andere Patienten behandelt und Medikamente besorgt.Frauenprojekte: Einer jungen Frau, die ein kleines Geschäft eröffnen will, ermöglichten wir durch einen zinslosen Mikrokredit den Neustart. Darüber hinaus konnte dank eurer Hilfe Folgendes verwirklicht werden:•Schuluniformen und Schulmaterialien wurden besorgt•Toilettentüren wurden erneuert•Kleider und Schuhe wurden direkt vor Ort gebracht•Essen für arme Menschen wurde besorgt•Zwei allein erziehende Mütter mit ihren neugeborenen Babys wurden unterstützt•Einkauf von Lebensmitteln für unser Dorf für einen ganzen MonatManchmal werde ich gefragt, wie ich dies alles bewältigen kann. Nun, ich schreibe sehr gerne und viel – das ist ein Hobby von mir – und manchmal führe ich auch Tagebuch. So habe ich über die Jahre viel Detailwissen und Kontakte zusammentragen können, was es mir vor Ort viel leichter macht, auf verschiedene Situationen und Hindernisse zu reagieren. Die Arbeit in Swaziland macht mir große Freude. Es gibt noch so viel zu tun. Manchmal wünsche ich mir zwei Leben! Ich möchte mich bei euch allen ganz herzlich bedanken für eure Mithilfe. Ohne eure finanzielle Unterstützung wäre das alles nicht möglich. In einigen Monaten werde ich wieder in Afrika sein.Herzliche Grüße
Im Juni 2015 entstanden diese Filmaufnahmen, in denen einige unsere Waisenkinder ihre Berufswünsche nennen.Dauer: 2:27 min.